Dr. Anna Brock

Die Erfahrungen, die ich als Ärztin und Betroffene in Personalunion machte, führten mir schonungslos vor Augen, wie unzureichend und schwierig die Versorgungslage derzeit für Betroffene ist. Und wie sehr evidenzbasierte Therapien für PatientInnen, die an diesen Krankheitsbildern leiden, noch immer fehlen.
Aus meinen persönlichen Erfahrungen ist der tiefe Wunsch entstanden, hier zukünftig tätig werden zu wollen. Ich möchte dazu beitragen, dass Betroffene wahrgenommen, korrekt diagnostiziert, anerkannt und behandelt werden. Dies ist eine große Herausforderung, denn das Krankheitsgeschehen ist komplex und bisher nur ansatzweise entschlüsselt. Plausible Therapieoptionen erscheinen derzeit am Horizont und es gibt unterschiedliche therapeutische Ansätze, die in Therapiestudien auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden müssten, um Evidenz zu erhalten.
Mit dem Ziel, auf die prekäre Versorgungslage aufmerksam zu machen, um am Ende eine Verbesserung der Versorgung und Behandlung zu erzielen, habe ich mich an der aktuellen Dokumentation des WDR von Prof. Dr. Eckart von Hirschhausen – „Die Pandemie der Unbehandelten“ – beteiligt. Der Schritt, mit meiner sehr persönlichen Geschichte an die Öffentlichkeit zu treten war nicht leicht für mich. Schlussendlich war er jedoch ohne Alternative: Ich möchte etwas bewegen, etwas voranbringen für all die PatientInnen, denen es ähnlich schlecht wie mir – oder noch viel schlechter – geht, und die dringend eine evidenzbasierte ärztliche Versorgung bräuchten.
Gleichzeitig war es eine spannende Erfahrung zu erleben, wie solch eine Dokumentation entsteht – das Engagement von Dr. Eckart von Hirschhausen, der Regisseurin, ihres Teams und aller Beteiligten für die Sache war überwältigend.
Mein eigener, persönlicher Heilversuch ist ganz individuell zu sehen: Es war und ist der Versuch, ob und wie man aus der Erkrankung heraus finden kann. Der Ausgang und der weitere Erfolg der aktuell noch laufenden Therapie ist für alle offen.
Dieser Weg kann nicht einfach übernommen werden, sondern er soll als Impuls für die Notwendigkeit von Therapiestudien verstanden werden.
Es braucht als nächsten Schritt die Finanzierung und Umsetzung von koordinierten wissenschaftlichen Studien, um eine Evidenz zu schaffen.
>> Hier finden Sie die Dokumentation in der ARD Mediathek <<
Ich wünsche mir, dass die Dokumentation „Die Pandemie der Unbehandelten“ ihren Teil dazu beiträgt, damit die rasche Finanzierung von koordinierten Studien zu ME/CFS, Post-Covid und Post-Vakzin ermöglicht wird. Die gesundheitliche, menschliche und wirtschaftliche Brisanz dieser Krankheitsbilder muss die politisch Verantwortlichen JETZT handeln lassen!
ME/CFS-PatientInnen werden seit Jahrzehnten stigmatisiert und die Krankheit wird fälschlicherweise häufig als primär psychosomatisch eingeordnet. Es braucht Aufklärung und Anerkennung: ME/CFS ist ein schweres neuroimmunologisches Krankheitsbild, welches dem Fachbereich der Neurologie zugeordnet ist. Es ist weder eine psychosomatische noch eine psychische Erkrankung!
Damit PatientInnen, bis es evidenzbasierte Therapien geben wird, Ansprechpartner und eine bestmögliche Begleitung erhalten, möchte ich mich für Betroffene ärztlich einsetzen. Gleichzeitig versuche ich durch Austausch und Vermittlung eine Brücke zu schlagen zwischen den federführend forschenden KollegInnen und all den Betroffenen, denen ich seit Monaten in den Selbsthilfegruppen verbunden bin.
Aktuell suche ich nach einer Möglichkeit und kollegialen PartnerInnen, um baldmöglichst PatientInnen mit ME/CFS, Post-Covid und Post-Vakzin zu begleiten.
Sobald ich weiß, wie und wo ich meinen Wunsch auf diesem Feld tätig zu werden konkret umsetzen kann, werde ich es hier mitteilen.
Ich blicke hoffnungsvoll in die Zukunft! Ich bin mir sicher, es wird sich in den kommenden Monaten und Jahren viel für ME/CFS, Post-Covid und Post-Vakzin bewegen. Ich erlebe immer mehr, wie ein Diskurs entsteht. Ich wünsche mir diesen Diskurs, denn er ist die Voraussetzung für alle Beteiligten – PatientInnen, KollegInnen und Politik – die Problematik anzunehmen und gemeinsam und konstruktiv nach Lösungen für ME/CFS, Post-Covid und Post-Vakzin suchen.
In diesem Sinne wünsche ich allen Betroffenen einen guten Weg heraus aus der Krankheit.
Eure Dr. Anna Brock